Ausblick

Dvořák Stabat Mater

Sonntag, 26. November 2023, 18 Uhr
Katholische Kirche in Höhn

Antonín Dvořák (1841-1904)

Stabat Mater op. 58
Vertonung des gleichnamigen mittelalterlichen Gedichtes
für Soli, Chor und Orchester

Gabriele Hierdeis, Sopran
Margit Diefenthal, Alt
Andreas Wagner, Tenor
Emanuel Fluck, Bass

Neues Rheinisches Kammerorchester Köln

Vox Humana Ensemble
Dekanatskantor Christoph Rethmeier

Am Ende triumphiert die Zuversicht –

Antonin Dvoraks „Stabat Mater“

Wenige Momente des Zuhörens genügen, bis man ziemlich genau erspüren kann, worum es im Kern des Werkes geht. Auch dann, wenn man den Titel nicht kennt oder vielleicht nicht weiß, dass es in der Vertonung des mittelalterlichen Texts des „Stabt Mater“ um die Schmerzen der Mutter Jesu geht, die ihren Sohn am Kreuz sterben sieht.

Natürlich hört man zu Beginn von Dvoraks1880 uraufgeführter Vertonung des „Stabat Mater“ weder Maria noch das Kreuz heraus – wohl aber eine tiefe Trauer, die sich unmittelbar vermittelt. Eine Trauer, die wohl auch Dvorak über weite Strecken des Kompositionsprozesse begleitet haben mag. 1875 war seine Tochter Josefa wenige Tage nach der Geburt gestorben – und als sei dies noch nicht schlimm genug, starben in der Folge auch die beiden anderen Kinder des Komponisten, ließen ihn und seine Frau allein zurück. Erst später sollten ihnen zwei weitere Kinder geboren werden. Wie sollte ein Mensch über einem solchen Schicksal nicht verzweifeln? Auf diese Frage hat Antonin Dvorak offenbar beim Verfassen seines „Stabat Mater“ eine Antwort gefunden: Denn ebenfalls schon zu Beginn des Werkes blitzt immer wieder für Momente Trost in diesem tiefen Trauertal auf.

Und nicht nur das: In eingehender Betrachtung des Trauergeschehens durch den umfassend geforderten Chor und die Solisten findet Dvorak zwar immer wieder zu herzabschnürender Dynamik – aber letzten Endes auch zu hoffnungsfrohem Vertrauen in die Verkündigung. Denn immerhin endet sein „Stabat Mater“ ja nicht in Traurigkeit, sondern in der Gewissheit, dass sich die eigene Seele dereinst in der Todesstunde zu Gott erheben möge – zu ewigem Leben, ins Paradies.

Wie Dvorak allein diese letzte Strophe seines „Stabat Mater“ musiktheatralisch umgesetzt hat, sorgt nicht nur bei Besuchern von Aufführungen des Werkes, sondern auch bei den Ausführenden regelmäßig für lange nachwirkende Eindrücke. Beginnend im Unisono, parallel geführten Solistenstimmen, beginnt dieses Finale wie ein zurückhaltendes Gebet, das sich mit dem hinzukommenden Chor gemeinsam mit dem Orchester in immer neue Höhen hinaufschwingt. Ein letztes wehmütiges Gedenken an den vergehenden Körper wird kraftvoll und bestimmt mit einem polyphonen „Amen“ verabschiedet mit der Gewissheit, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Das ist eine unmittelbar und universell verständliche Umsetzung des Textes, noch dazu musikalisch gesehen fast schon „große Oper“.

In dieser umfassenden Dramatik, die auch den Gesangssolisten in jeglicher Beziehung abgefordert wird, ist Antonin Dvoraks „Stabat mater“ am ehesten wohl nur noch mit dem Requiem aus der Feder Guiseppe Verdis vergleichbar.

Claus Ambrosius für die Rhein-Zeitung im März 2023

Abdrucklizenz durch den Mittelrhein-Verlag für das Dekanatskantorat Nord im Juli 2023